Historische Fakultätsgesichter

Aus dem Jubiläumsband zu den Büsten der Fakultät

Bei einem Spaziergang über das Gelände der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig kann man an jeder Ecke ehemaligen Dozenten begegnen, die sich für die Fakultät verdient gemacht haben: in Form metallener Büsten. Die Geschichten hinter all diesen wurden nun von Prof. Manfred Fürll und Prof. Silvia Blaschzick zusammegetragen. Anlässlich des Fakultätsjubiläums werden sie in Form eines kleinen Büchleins publiziert, das nun über Prof. Fürll ([email protected]) für 10,00€ inkl. Versandkosten bezogen werden kann. Als kleinen Vorgeschmack finden sie hier nacheinander zwei der Geschichten veröffentlicht. Die gesamte Broschüre können Sie hier herunterladen. Aufgepasst: Die beiden hier vorgestellten Dozenten sind selbst Jubilare!

Wie Herbert Gürtler zu seinem „Haus“ kam

Von den verdienstvollen Vertretern unserer Fakultät wird keine Person so häufig genannt wie Prof. Dr. med. vet. habil. Dr. h.c. Dr. h.c. Herbert Gürtler (1932 – 2004). Täglich fällt sein Name, wenn es um das „Herbert-Gürtler-Haus“ geht, um den neuen Hörsaal, die neue Mensa, die neue Bibliothek oder um die Seminarräume. Und wie wurde H. Gürtler zum Namensgeber für dieses Haus? 



Autor: Manfred Fürll, Leipzig

H. Gürtler wurde am 19. 4. 1932 Langenau im heutigen Kreis Trudnov (Tschechien) geboren. Von 1950 bis 1955 studierte er an der Veterinärmedizinischen Fakultät  in Leipzig, schloss daran von 1955 bis 1956 zwei Jahre Assistententätigkeit  an der Medizinischen Tierklinik bei Prof. Wilhelm Schulze an und promovierte 1956 über „Papierelektrophoretische Serumuntersuchungen klinisch gesunder und an Bornascher Krankheit erkrankter Pferde unter besonderer Berücksichtigung der Methodik“ bei Theodor Hiepe. 1957 wechselte er an das Veterinär-Physiologisch-Chemische Institut. Dort  habilitierte er 1966 über „Beiträge zum Eisenstoffwechsel des Schweines“. Über die Verteidigung der Habil.-Arbeit schrieb Hiepe (1997): „Hier konnte er sein ganzes naturwissenschaftlich untersetztes Repertoire, gepaart mit scharfer Denkweise, demonstrieren, man horchte auf...“. 1960 übernahm H. Gürtler als Oberassistent die Leitung der Abteilung für Ernährungsphysiologie, 1970 folgte die Ernennung zum Hochschuldozent für Tierbiochemie und 1980 die Ernennung zum a. o. Professor. In Nachfolge von E. Kolb wurde H. Gürtler 1992 Professor für Physiologische Chemie und Direktor des Veterinär-Physiologisch-Chemischen Instituts. Mit Erreichung der Altersgrenze schied H. Gürtler 1997 aus diesem Amt aus. 

H. Gürtler 1995...

...und „sein Haus“: „Zentrales Lehr- und Bibliotheksgebäude mit Mensa“ 2008 

Mit rastlosem Forscherdrang bearbeitete H. Gürtler mit besonderer Akribie ein breitgefächertes Spektrum der biochemischen Grundlagen des Stoffwechsels und der Stoffwechselerkrankungen landwirtschaftlicher Nutztiere, darunter die eisenbindenden Proteine, die Weidetetanie, die Gebärparese, den Spurenelementmangel, die Hypoglykämie der Saugferkel, den Lipidstoffwechsel und die Stressempfindlichkeit der Schweine, die Schilddrüsenfunktion und den Jodmangel. Daraus entstanden 42 Dissertationen sowie 35 Diplomarbeiten. „Die damals übliche Verteidigung von Forschungsleistungen bei den Auftraggebern war meist kurz und endete mit hohem Lob und der Zuerkennung namhafter Forschungsprämien, die z.T. das Salär der beteiligten Mitarbeiter aufbesserten, z. T. für schöne gemeinsame Feiern genutzt wurden“ (Grün 2004). H. Gürtler leitete zwei Jahrzehnte die interdisziplinären Forschungsgemeinschaft (IFG) „Stoffwechselstörungen landwirtschaftlicher Nutztiere“ an der Fachrichtung Veterinärmedizin. Er begründete die systematische Stoffwechselkontrolle bei landwirtschaftlichen Nutztieren. Dazu gehörten innerhalb der Arbeitsgruppe „Stoffwechselstörungen/Toxikologie an den Bezirksinstituten für Veterinärmedizin (BIV) regelmäßige Forschungsbesprechungen sowie labormethodische Trainingskurse, die als wissenschaftliche Tagungen bis in die Gegenwart weitergeführt werden. H. Gürtler sagte dazu „Come together, es ist ganz wichtig sich auszutauschen!“

25. Leipziger Laborfortbildung 2000...

...Mitte: ihr Begründer H. Gürtler 

Beeindruckend kreativ und intensiv war die Zusammenarbeit von H. Gürtler mit M. Anke, Jena, zu Mineralstoffen und Spuren- und Ultraspurenelementen, aber auch mit  weiteren Fachkollegen im In- und Ausland, besonders  in Tschechien, Ungarn und Polen. Nach Hiepe (1997) basierten diese Leistungen auf tiefgründigen biochemischen Kenntnissen sowie komplexer Einsicht in die Belange der Veterinärmedizin und vergleichend-medizinischer Fragestellungen. Sie sind ein Musterbeispiel für die korrelative Verknüpfung von Grundlagen- und angewandter Forschung und wurden erzielt unter mitunter recht unzulänglichen Bedingungen.
Bei Fortbildungen sowie wissenschaftlichen Kongressen war H. Gürtler ein gefragter Redner. Mit der ihm eigenen Gründlichkeit und Sachkenntnis bereitete er seine Vorträge für den jeweiligen Zuhörerkreis vor und fesselte mit seiner begeisternden  Rhetorik. „Er war ein Meister der Sprache. Davon zeugen u. a. seine Ansprachen anlässlich des Festaktes zur Wiederherstellung der Selbstständigkeit der Veterinärmedizinischen Fakultät, auf der Festversammlung zum 70. Jahrestag ihrer Eröffnung in Leipzig, auf dem Festakt zum 200. Jahrestag der Begründung der der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilian-Universität München und sein Festvortrag auf dem 19. Tierärztetag in Mainz, der erstmals die die gesamte deutsche Tierärzteschaft vereinte“ (Grün 2004). Damit erwarb sich H. Gürtler die ungeteilte Anerkennung im In- und Ausland. Für seine herausragenden Leistungen wurde er 1985 Mitglied der Leopoldina in Halle/Saale.

Prodekan G. Michel, Dekan H. Gürtler, Prodekan K. Elze v. l. unmittelbar nach ihrer Wahl im April 1990 

Übergabe der Amtskette an H. Gürtler bei der Feier zur Wiedererlangung der Selbständigkeit am 6. Juli 1990

Nach der Wende noch vor der deutschen Wiedervereinigung wurde H. Gürtler in freier Wahl zum 1. Dekan der wiederbegründeten Veterinärmedizinischen Fakultät gewählt. Dieses hohe Amt bekleidete er vom 1. 7. 1990 bis zum 31. 3. 1995. In dieser Periode wurde der universitäre Erneuerungsprozess vollzogen und alle Voraussetzungen dafür geschaffen, um den Wettbewerb mit den führenden europäischen veterinärmedizinischen Bildungsstätten zu führen. H. Gürtler hatte es verstanden, einen zuverlässigen Kreis von Mitstreitern um sich zu scharen, um ein beispielgebendes Bildungszentrum zu schaffen.

H. Gürtler hat von jeher in zahllosen Gremien mitgewirkt, wie in der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften mit den Sektionen Theoretische Veterinärmedizin, Tierernährung/Futtermittelwirtschaft, Tierphysiologie und Tierhygiene, im zentralen Gutachterausschuss für den Arzneimittelverkehr, als Fachgutachter bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, in der Kommission Hormontoxikologie der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie sowie in der Arbeitsgruppe des Advisory Commitee of Veterinary Training. H. Gürtler war langjährig Mitglied im Redaktionskollegium der „Monatshefte für Veterinärmedizin“ sowie im  „Journal of Veterinary Medicine“ (Hiepe 1997).

Die Zahl der Anerkennungen und Ehrungen für H. Gürtler ist schier grenzenlos. Er erhielt die Ehrenspange der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Veterinärmedizin in Bronze (1970), Silber (1978) und Gold (1989), wurde Veterinärrat (1973) und Oberveterinärrat (1985), erhielt in Leipzig die Oskar-Röder-Ehrenplakette (1980), in Budapest die „Josef-Marek-Gedenkmedaille“ 1987), an der HU Berlin die „Friedrich-Müssemeier-Medaille“ (1990), den Martin-Lerche-Forschungspreis der DVG (1993), die „Caspar-Borner-Medaille“ der Univer-sität Leipzig (1994), die Verdienstmedaille der Sächsischen Landestierärztekammer und das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (1996). 1998 wurde H. Gürtler die Ehrendoktorwürde der FU Berlin sowie der Universität für Veterinärmedizin und Pharmazie Brno verliehen.

Erläuterungen bei der Freundeskreis-Gründung am 13. 10. 1990


Übergabe des Portraits von H. Gürtler am 19. 4. 2010; v. l. H. Mayer, Kommilitone von H. Gürtler, der Maler M. Küpper und G. Gäbel, damaliger Prodekan


Abschiedsvorlesung von H. Gürtler 1997 im vollbesetzten Hörsaal Anatomie


Urkundenübergabe bei der Exmatrikulation am 21. 2. 1992 


Vorstellung der Baupläne für die Fakultät 1992


Hiepe (1997) beschrieb die Persönlichkeit H. Gürtler wie folgt: „Herbert Gürtler gehört zu den außerordentlichen Persönlichkeiten in den Veterinärmedizinischen Wissenschaften. Hoher Intellekt, gepaart mit Bescheidenheit und stark ausgeprägtem Pflichtbewusstsein, Hang zum ‚Understatement‘, zuweilen untersetzt mit einer winzigen Prise bäuerlicher Schläue, vorbehaltlose Einsatz- und Hilfsbereitschaft, Besonnenheit, edle soziale Gesinnung, immer das Allgemeinwohl im Sinn, Aufgeschlossenheit, verständnisvoll gegenüber anderen Meinungen und tief verwurzelt im christlichen Glauben – das sind meines Erachtens die hervorzuhebenden Eigenschaften. Auf ihn trifft der Ausspruch des Sokrates zu: ‚Achtung verdient, wer erfüllt, was er vermag‘. Was lag näher, als das „Zentrale Lehr- und Bibliotheksgebäude mit

Mensa“ als besonderes Symbol der Neuaufbruchs der Veterinärmedizinischen Fakultät mit

dem Namen der Person zu verbinden, die für diesen Aufbruch steht? Diesen Gedanken hatten dann auch die Professoren/innen Ungemach, Seeger, Schusser, Krautwald-Junghanns, Honscha, Einspanier, Fürll, Fuhrmann, Gäbel als sie April 2010 den Antrag an den damaligen Dekan Prof. Fehlhaber stellten, das „Zentrale Lehrgebäude mit Bibliothek und Mensa“ in „Herbert-Gürtler-Haus“ umzubenennen? Dass dieses jetzt oft nur noch mit „HGH“ abgekürzt wird - ohne den Kontext zu berücksichtigen – hatten weder die Antragsteller noch der dem Antrag voll zustimmende Fakultätsrat damals vorausgesehen.

H. Gürtler verstarb nach einem erfüllten Leben am 10. 2. 2004. Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf dem Friedhof in Kitzen, Landkreis Leipzig. Wer heute vom ‚Herbert-Gürtler-Haus‘ spricht, erinnert damit auch an diese außerordentliche Persönlichkeit in den Veterinärmedizinischen Wissenschaften. 



Literatur: 
Grün E. (2004): Persönliche Erinnerungen an Herbert Gürtler. Ansprache zur Gedenkveranstaltung zu Ehren von Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Herbert Gürtler am 23. April 2004

Hiepe Th (1997): Laudatio. Festkolloquium anlässlich des 65. Geburtstages des Leiters des Veterinär-Physiologisch-Chemischen Instituts, Herrn Prof. Dr. med. vet. habil. Herbert Gürtler, am 26. April 1997. Festschrift des Freundeskreises Tiermedizin, 9-20;
Fotos: M. Fürll

H. Gürtler war bis 1990 Autor und Co-Autor der nachfolgenden Bücher:

·       Kolb, E./Gürtler, H.: Ernährungsphysiologie der landwirtschaftlichen Nutztiere, Jena, 1971 

·       Kolb, E. [Hrsg.] /Gürtler, H. [Bearb.]: Lehrbuch der Physiologie der Haustiere. G. Fischer Stuttgart, 1980 (4. Auflage) 

·       Piatkowski, B., Gürtler, H., Voigt, J.: Grundzüge der Wiederkäuer-Ernährung. G. Fischer, Jena, 1990 

·       Potel, K. [Hrsg.] /Gürtler, H. [Bearb.]: Lehrbuch der Pathologischen Physiologie der Haustiere. G. Fischer, Jena, 1969 

Noch mehr zu Herbert Gürtler

Zum 90. Geburtstag finden Sie auf der Website der Fakultät einen persönlichen Nachruf von Prof. Manfred Fürll auf Prof. Herbert Gürtler.

Wie Horst-Joachim Christoph zu seiner Büste kam

Professor Horst-Joachim Christoph wurde am 15. April 1922 als Sohn eines Tierarztes in Lampertswalde geboren. Sein Wirken als Ordinarius für Kleintierkrankheiten an der Klinik und Poliklinik für kleine Haustiere von 1956 bis 1976 ist bei seinen ehemaligen Studenten und Schülern, Kollegen im In- und Ausland sowie Freunden und Weggefährten nicht in Vergessenheit geraten, so auch bei Prof. Ernst-Günther Grünbaum, Dr. Klaus Kutschmann und Prof. Ernst Schimke nicht, die die Stiftung einer Büste initiierten.

Autorin: Sylvia Blaschzik, Leipzig

Wie die Idee entstand (E.-G. Grünbaum, Gießen, persönl. Mitteilung)

„Es war der 15. April 2002, der 80. Geburtstag von Professor Christoph, als die Herren K. Kutschmann (Magdeburg), E. Schimke und ich (Grünbaum, Gießen) zu dem Entschluss kamen, eine dauerhafte Ehrung des Nestors der Kleintiermedizin in Form einer Gedenktafel zu initiieren, um die herausragende Bedeutung von Prof. Christoph für die Entwicklung der Kleintiermedizin nachhaltig zu würdigen. Prof. Oechtering stimmte dem Vorhaben zu und schlug anstelle einer Gedenktafel eine Gedenkbüste vor und holte die erforderlichen Genehmigungen. Er  unterstützte das Vorhaben ausführungstechnisch sowie materiell. Spendenaufrufe in tierärztlichen Publikationen fanden hohe Resonanz, sodass die Finanzierung gesichert wurde und der Bildhauer H. Spilker, Berlin, beauftragt werden konnte. Die gesamte Organisation und Durchführung des Vorhabens lag in den Händen der vier Initiatoren.“

Am 08. November 2003 war es dann soweit. Anlässlich der 49. Jahrestagung der Fachgruppe Kleintierkrankheiten der DVG 2003 in Leipzig wurde im feierlichen Rahmen die Bronze-Büste über einer Gedenktafel mit den wichtigsten Lebensdaten gegenüber der neuen Kleintierklinik enthüllt.
 

In der sich anschließenden Feier fanden sich mehr als 130 Gäste ein, darunter die Kinder von H. J. Christoph, Tochter Anne-Babett und der Sohn Horst mit ihren Familien, sowie der Bildhauer Heinz Spilker (von links: G. Oechtering, Kutschmann, E. Schimke, E.-G. Grün-baum, Bildhauer Heinz Spilker, Tochter Anne-Babet Christoph und Sohn Horst Christoph). Nach der Begrüßung der Gäste durch den Klinikdirektor G. Oechtering hielt E. Schimke die Festrede.

Aus der Rede zur Enthüllung der Horst-Joachim Christoph-Büste (E. Schimke, Gießen) 

Wir haben uns heute in Leipzig versammelt, um eine Persönlichkeit zu ehren, die für die Kleintiermedizin eine überragende, fundamentale und bleibende Bedeutung hat. Wir enthüllen im Gedenken und zu Ehren von Herrn Prof. Dr. med. vet. habil. Horst-Joachim Christoph, eine Bronze-Büste ganz in der Nähe seiner alten Wirkungsstätte mit visionärem Blick auf die neue Kleintierklinik. Er bleibt in unserer Erinnerung als ein großer Kliniker, als Wissenschaftler und begnadeter Hochschullehrer, dessen Lebensleistung und menschliche Größe beeindruckend sind. Er war bei Studenten ebenso wie bei praktizierenden Tierärzten beliebt. Nicht allein die Taten bewegen die Herzen und Hirne der Menschen, sondern letztendlich nur noch die Zeugnisse über die Taten.

v.l.n.r. G. Oechtering, K. Kutschmann, E. Schimke, E.-G. Grünbaum

Wer war, was bleibt von Horst-Joachim Christoph? 

H. J. Christoph studierte 1940/41 zunächst vier Semester Humanmedizin in Leipzig und Würzburg. Noch während des Krieges legte er das medizinische Physikum ab. Von 1946 bis 1949 studierte er Veterinärmedizin in Leipzig. Schnell entwickelte er eine besondere Affinität zur Kleintierpraxis. Als wissenschaftliche Hilfskraft begann er 1948 an der Klinik und Poliklinik für kleine Haustiere. 1949 heiratete er Brigitte Hebold, aus der Ehe gingen Horst und Anne-Babett Christoph hervor. 

Nach dem Staatsexamen und dem Abschluss seiner Promotion zum Thema „Herztherapie im Wandel der Zeiten“ wurde er 1949 Assistent bei Prof. W. Schulze an der Klinik und Poliklinik für kleine Haustiere in Leipzig.  Bereits 1951 wurde Dr. Christoph Oberassistent. 1953 erfolgte die Habilitation über „Vergleichende diagnostische und therapeutische Untersuchungen beim Vorkommen von Fremdkörpern im Oesophagus, im Magen und im Darm des Hundes “. 1954 wurde er Dozent für Kleintierchirurgie und experimentelle Chirurgie, 1956 Professor mit Lehrauftrag, 1956 Direktor der Klinik und Poliklinik für kleine Haustiere, 1960 Professor mit Lehrstuhl für Kleintierkrankheiten und 1969 ordentlicher Professor für Kleintierkrankheiten. 

Prof. Christoph verfasste mehr als 100 originäre wissenschaftliche Publikationen. Es war das große Verdienst von H.-J. Christoph, die Lehrbuchlücke über Hunde- und Katzen-Krankheiten zu schließen. Der „Abriss der Klinik der Hundekrankheiten" erschien im Jahre 1960 als erstes deutschsprachiges Lehrbuch nach dem 2. Weltkrieg im G. Fischer Verlag in Jena und Stuttgart. Schon 1963 folgte die „Klinik der Katzenkrankheiten“. Diese beiden Lehr- und Handbücher brachten ihm internationales Ansehen. Das Lehrbuch „Klinik der Hundekrankheiten" wurde in ganz Deutschland, im englischsprachigen, spanischen und französischen Raum und in Osteuropa verlegt. Diese Lehrbücher gelten heute als Standardwerke der Kleintiermedizin.
H. J. Christoph leistete mit der Erschließung, Modernisierung und klinischen Anwendung neuer labordiagnostischer Methoden Pionierarbeit. Gemeinsam mit H. Mayer, Jena, publizierte er das „Klinische Laboratorium“, eine pathophysiologisch fundierte Methodensammlung zur praktischen Nutzung sowie einheitlichen Anwendung labordiagnostischer Verfahren.

Dank seiner ausgezeichneten Reputation gelang es H. J. Christoph in den 1960er und 1970er Jahren, eine Ausgliederung der Kleintierklink aus der Fakultät zu verhindern. 

Unter Anleitung von H. J. Christoph habilitierten 4 seiner Schüler (S. Schlaaf, E-G. Grünbaum, E. Schimke, M. Oettel). Er betreute 123 Dissertationen, u. a. von H. Liebermann, S. Schlaaf, N. Rossow, H. Mielke, G. Mehlhorn, J. Schulz, M. Oettel, und 31 Diplomarbeiten. 

Gefragt und geschätzt war seine Literatursammlung, die er seit 1949 systematisch aufgebaut hatte. Sehr früh erkannte er, dass nur mit einer modernen Literaturdokumentation die Fachbeiträge erfasst und ausgewertet werden konnten. Durch systematisches Zusammentragen der wichtigsten Arbeiten auf dem Gebiet der Kleintierkrankheiten, Zootierkrankheiten und experimentellen Medizin schuf und pflegte er mit kaum zu beschreibender Energie, Sorgfalt, Akribie und Ausdauer einen ungemein nützlichen Wissensfundus, der für das Fachgebiet in der damaligen Zeit einmalig war.

Seine große Leidenschaft war immer die Lehre. Wer ihn in einer „Klinikstunde“ in seiner spontanen, mitreißenden Art, die mit erfrischendem Humor und Witz durchdrungen war, erlebt hat, wird seine besondere Methode, Wissen zu vermitteln, nie vergessen. Seine Vorlesungen, Kurse und die klinischen Demonstrationen genügten ihm in traditioneller Weise nicht. Schon früh hat er deshalb den modernen audiovisuellen Unterricht eingeführt. Unter seiner Leitung wurden 18 Tonfilme für den Unterricht gedreht. 

H. J. Christoph war einer der wenigen Kliniker, die das Fachgebiet der Kleintierkrankheiten noch in seiner Gesamtheit überschauten. Mit seiner Begeisterung und Verantwortung für den klinischen Unterricht, gepaart mit brillanter freier Rede, schier grenzenlosem fachlichen Wissen sowie dem ihm eigenen mitreißenden Temperament gewann er die Zuneigung der Studenten sowie der Tierärzte auf Fachtagungen und internationalen Kongressen. 

Bei Patientenbesitzern war er ein gefragter Diagnostiker und hoch geschätzter Therapeut. Seine besondere Liebe galt der Chirurgie, besonders der Augenchirurgie, die er mit großem Erfolg ausübte.

H. J. Christoph wurde zum Mitglied der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften, Sektion Veterinärmedizin, Arbeitsgruppe klinische Veterinärmedizin, berufen. Er galt im Fach Kleintierkrankheiten als anerkannte Kapazität, er war der hoch verehrte Nestor der Kleintiermedizin.

Von seinen Mitarbeitern wurde er bewundert und respektiert, aber auch gefürchtet. Er verlangte äußerste Disziplin. Pünktlichkeit, Ehrlichkeit, charakterliche Gradlinigkeit, absolute Zuverlässigkeit, unermüdlichen Fleiß sowie grenzenlosen Einsatz für die leidende Kreatur, immer gepaart mit wachem Interesse an klinischer und wissenschaftlicher Arbeit. Den Satz „der Tag hat 24 Stunden, den Rest können Sie als Freizeit nutzen", hat bestimmt jeder seiner Assistenten und Doktoranden von ihm gehört. Für alle, die seinen hohen Ansprüchen genügten und die von ihm geforderten klinischen und wissenschaftlichen Aufgaben pünktlich erfüllten, war er ein geduldiger Lehrer, gütiger und jederzeit hilfsbereiter Chef, dem seine Mitarbeiter neben der fachlich exzellenten Ausbildung viele essentielle Dinge des Lebens zu verdanken haben. Als kategorischer Imperativ galt für ihn „Fördern durch Fordern". 

Seine Familie war für ihn Lebensmittelpunkt und Freude zugleich. Umso mehr traf ihn der plötzliche und unerwartete Tod seiner geliebten Gattin, die ihm in glücklichen und schweren Stunden immer eine treue Weggefährtin war. 

Schon als junger Mann wusste er um seine schwere Krankheit, schonte sich aber nicht. Er ignorierte den Ernst seines Gesundheitszustandes, erschien äußerlich meist optimistisch, war immer geistreich, voller Humor und hatte noch so viele Pläne. Bei seiner unermüdlichen Schaffensfreude beachtete er nie den Widerspruch zwischen Leistungsbereitschaft und persönlicher Leistungsgrenze. 1963 erlitt er den zweiten Herzinfarkt. Ein bleibender Myokardschaden machte ihm das Leben und Arbeiten schwer. H. J. Christoph verstarb am 24. Januar 1976. 

Literatur:  Schimke, E. Rede zur Enthüllung der Horst-Joachim Christoph-Büste. Umschau der Veterinärmedizinischen Fakultät Leipzig, Heft 17, Mai 2004, S. 6ff.
Fotos: Blaschzik

Aus der Feder von H. J. Christoph stammen zusammengefasst folgende Bücher:

·       Christoph, H.-J. „Abriss der Klinik der Hundekrankheiten“, Fischer Verlag, Jena, 1960, 2. Auflage Fischer Verlag, Jena, 1962

·       Christoph, H.-J., „Klinik der Katzenkrankheiten“, Fischer Verlag, Jena, 1963

·       Christoph, H.-J., Meyer, H., „Arbeitsmethoden des Laboratoriums in der Veterinärmedizin“, Klinisches Laboratorium., Sammlung von einzelnen Blättern, Hirzel Verlag, Leipzig, 1965, Neufassung und Ergänzungen 1967,1971, 1972

·       Christoph, H.-J., „Precis de clinique canine“, Vigot  Freres, Paris, 1965

·       Christoph, H.-J., Precis de clinique filine“, Vigot Freres, Paris, 1969

·       Christoph, H.-J. und Mitarbeiter, „Klinik der Hundekrankheiten“, Fischer Verlag, 1973

Christoph, H.-J. und Mitarbeiter, „Klinik der Katzenkrankheiten“, Fischer Verlag, Jena, 1977 

Bei diesen Büchern war H. J. Christoph Co-Autor:

·       Krüger, G., „Veterinärmedizinesche Terminilogie“, Hirzel Verlag, Leipzig, 1959

·       Hoffmann, G., „Abriss der Laboratoriumskunde“, Fischer Verlag, Jena, 1961

·       Hoffmann, G., „Les Aninaux de laboratoire“, Vigot Freres, Paris, 1963

·       Bentz, Richter, Rummler, „Rezeptformeln für die Veterinärmedizin“, Fischer Verlag, Jena, 1973

·       Kelly, W. R. „Tierärztliche klinische Diagnostik“ (Übersetzung aus dem Englischen), Fischer Verlag, Jena, 1971

Lust auf noch mehr Historie?

Prof. Fürll und das Team der Veterinärmedizinhistorischen Sammlung haben im folgenden Link noch mehr Zeitzeignisse zur Fakultät zusammengetragen. Schauen Sie auch gern mal im Museum/der Sammlung vorbei (vorherige Ankündigung nötig).